PROPAGANDA?

Die Geschichte von der russischen Mutter Pelagea Wlassowa, die zur Agitatorin für die kommunistische Revolution wird, ist mir von fast 100 Aufführungen im Berliner Ensemble an der Hammondorgel noch bestens vertraut. In der Inszenierung von Claus Peymann fühlte sich das alles immer etwas bigott an, wenn die rote Fahne vor dem Hintergrund eines tyrannischen Führungsstils geschwenkt wurde. Heute und hier mit dem Regisseur Peter Kleinert ist das anders und subtiler. Das Drama besteht, meiner Meinung wegen seiner handwerklichen Güte und wegen der so sicher und zielklar geschriebenen Musik. Sie funktioniert einfach so gut wie Johnny Hills TEDDYBÄR EINS-VIER, die Erzählung eines Jungen im Rollstuhl, der zuhause am CB-Funkgerät davon träumt, einmal im Leben mit einem Lastwagen unterwegs zu sein. Zwei Dutzend Trucker hören die Geschichte und fahren von der Autobahn ab, um vor dem Haus des Jungen Spalier zu parken und den Kleinen mitzunehmen. Wer da nicht widerwilig weint, hat kein Herz und so ist es auch mit Eisler und Brecht. Trotzdem bleibt der Hintergrund des Dramas die Intention ihrer Autoren, Werbung für die KPD zu machen. Auch als Stalin schon mordete, ließen sie nicht ab. Ich bin nicht der Meinung, dass man das Werk für seinen Künstler strafen sollte – dann könnte man auch den Antisemiten Richard Wagner nicht aufführen. Ich wünsche mir diese Selbstverständlichkeit aber auch für die andere Seite. Ich würde gerne die Skulpturen Arno Brekers erstmal ansehen, bevor ich der geläufigen Meinung bin, dass aus ihnen Menschenverachtung schreit. Ich hätte auch gerne, dass Leni Riefenstahls Parteitagfilm von 1933 nicht verboten ist, sondern man an ihm das Handwerk der Manipulation durch Kunst ebenso studieren kann wie an den Kompositionen Eislers.

BRECHTS und EISLERS „DIE MUTTER“ in BERLIN in der SCHAUBÜHNE.

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