DER DAMENAUSSTATTER 
(EIN TAG EIN LIED, 2015)

Jetzt ist die neue Kollektion 
prachtvoll aufgehangen. 
10 Uhr 30, die erste Kundin 
gleitet durch die Kleiderstangen. 
Wo Frauen mit Frisuren flanieren, 
wo Seidentücher flattern, 
wo Aubergine die Häupter ziert, 
da arbeitet der Damenausstatter. 

Bestgekämmt ruft er zur Kundin, “Bon matin, ma chère!” 
Wieder viel zu gute Miene, wieder Gute-Laune-Bär. 
Und draußen auf der Straße in der Einkaufsgalerie 
demonstriert ein Mädchen gegen die Pelzindustrie. 
während eine Träne über seine Lippe rinnt. 

Mein Herz tanzt die Milonga der Sehnsucht. 
Ich seh dich wie durch ein Kaleidoskop 
und du hüpfst wie der Wind 
auf der Woge deiner Wut 
Mein Herz tanzt die Milonga der Sehnsucht. 
So frei wie du für dich allein, 
so möcht ich auch gern sein, 

Er steht noch eine Weile bei den Strümpfen da. 
Die Bonmots der guten Kundin klingen ihm wie Blablabla. 
Und draußen auf der Straße, panzerglasgedämmt 
ahnt er nur die Rufe von der schönen ungehemmt- 
en Frau, während er sein Dasein beweint. 

Mein Herz tanzt die Milonga der Sehnsucht. … 

Da läuft die Kaufhaus-Symphonie 
mit den falschen halben Tönen ihrer Geldschein-Harmonie, 
Da ist nur watteweiches Warten 
nie die ganze Melodie. 
Madame ist im Kabinenglück: 
“leger steht Ihnen sehr!” 
“Ne Achtundvierzig ist das nie” ruft 
die in heller Hysterie 
in die lahme Leere 
der Betriebsmelancholie.